STAND UP DEUTSCHLAND UN-Millenniumkampagne

Wann ist ein Mensch extrem arm? Wer die Armut bekämpfen will, muss wissen, wogegen er antritt. Durch neue Daten über die Preisentwicklung in den Entwicklungsländern hat die Weltbank die Armutsgrenze vergangenes Jahr angehoben. Als extrem arm gilt jetzt, wer weniger als den Gegenwert von 1,25 US-Dollar pro Tag zum (Über-)Leben zur Verfügung hat. Bisher war es ein Dollar. Durch den neuen Wert ist die Zahl der Armen noch höher, als zuvor.


Auch 1,25 US-Dollar sind zum Leben viel zu wenig. Hinzu kommt: Extreme materielle Armut geht meist mit immaterieller Armut einher. Viele Menschen in den Entwicklungsländern haben keinen Zugang zu Bildung, Gesundheitsvorsorge, Infrastruktur. Oftmals können sie deswegen nicht am öffentlichen Leben teilhaben.

Die Dokumente der UN-Millenniumkampagne beziehen sich noch auf die Armutsgrenze von einem Dollar, da die Entwicklungsziele bereits im Jahr 2001 festgelegt wurden.


Entwicklung in Zahlen:

Vor der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise und dem Anstieg der Nahrungsmittelpreise ist die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen von 1,8 Milliarden Menschen im Jahr 1990 auf 1,4 Milliarden im Jahr 2005 gesunken. Demzufolge lebte 2005 etwas mehr als ein Viertel der Bevölkerung der Entwicklungsländer in extremer Armut, wohingegen es 1990 noch fast die Hälfte gewesen ist.

Doch die Krise hat insbesondere die ärmsten Nationen hart getroffen: Die Zahl der weltweit in extremer Armut lebenden Menschen wird 2009 voraussichtlich um 55 bis 90 Millionen höher liegen, als dies vor der Weltwirtschaftskrise erwartet wurde.

Das Armutslückenverhältnis zeigt die Armutstiefe als Prozentsatz. Es gibt an, wie viel Prozent das Durchschnittseinkommen derjenigen, die unter der Armutsgrenze leben, von dieser Armutsgrenze entfernt liegt. Bei einer Armutsgrenze von 1,25 Dollar pro Tag ging das Armutslückenverhältnis zwischen 1990 und 2005 in allen Regionen außer Westasien zurück. 2005 war die Armutstiefe in Afrika südlich der Sahara am größten, sank dort jedoch seit 1999 auf den Stand Ostasiens im Jahr 1990. Die Weltwirtschaftskrise wird wohl eine Umkehr dieser positiven Trends bewirken.

Im Jahr 2007 hatten in den Entwicklungsländern 77 Prozent der Männer und 49 Prozent der Frauen eine feste Anstellung. Das ist ein höherer Wert als in den Industrieländern (64 Prozent der Männer und 49 Prozent der Frauen). Dies bedeutet jedoch auch, dass sich ein geringerer Anteil der Bevölkerung in der Ausbildung befindet. Die aussagekräftigere Zahl ist daher die, dass 2007 20,4 Prozent der Beschäftigten in Entwicklungsländern von weniger als einem US-Dollar am Tag leben mussten. In Sub-Sahara-Afrika liegt diese Quote gar bei schockierenden 51,4 Prozent.

Die bis 2007 zu beobachtenden ermutigenden Trends werden für 2008 wohl rückläufig sein oder günstigstenfalls stagnieren. Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) prognostiziert drei Szenarien: Im ungünstigsten Fall wird die Erwerbsarmut in den Entwicklungsregionen von 24 Prozent der Erwerbstätigen im Jahr 2007 auf 28 Prozent im Jahr 2008 ansteigen. Das mittlere Szenario sieht einen Anstieg auf 25 Prozent für alle Entwicklungsländer vor. Selbst im besten Fall bleiben Fortschritte auf dem Gebiet der Erwerbsarmut in Afrika südlich der Sahara völlig aus.

Wird der Kampf gegen den Hunger nicht entschlossener geführt, könnte es
zu einer anhaltenden Nahrungsmittelkrise kommen. In Anbetracht der rückläufigen Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt in der zweiten Jahreshälfte 2008 hätten die Preise auf den lokalen Märkten innerhalb relativ
kurzer Zeit sinken sollen. Dazu kam es jedoch nicht, und in vielen Entwicklungsländern, beispielsweise Brasilien, Indien und Nigeria verbesserte sich der Zugang der Verbraucher zu Nahrungsmitteln nicht wie erwartet.

Die noch vor dem Anstieg der Nahrungsmittelpreise erhobenen Daten
zeigen, dass Kinder in den ärmsten Haushalten der Entwicklungsländer
mehr als doppelt so häufig untergewichtig waren wie die in den reichsten
Haushalten. Der Anteil der untergewichtigen Kinder unter fünf Jahren ging in den Entwicklungsländern von 31 Prozent in 1990 auf 26 Prozent in 2007 zurück. Ostasien schaffte eine enorme Verbesserung: von 17 auf sieben Prozent. In Südasien hingegen liegt die Quote noch immer bei schockierenden 48 Prozent. Auch Sub-Sahara-Afrika (28 Prozent) und Südostasien (25 Prozent) liegen noch über dem globalen Durchschnitt.